LISANNS LEBENSREISE

Die Lebensreise von Lisann begann am 22. Juni 1993. Sie wurde als drittes Kind in
unsere
Familie hineingeboren, die bis dahin aus Anita und Joachim sowie Sumeena
und Sebastian
bestand. Wir waren sehr glücklich über dieses Geschenk - unsere Lissi.

Aufgewachsen ist Lisann am Fuße der Schwäbischen Alb, im "Biosphärengebiet
Schwäbische Alb". Die Hardt-Siedlung in Metzingen-Neuhausen ist ein idealer Platz,
an 
dem Kinder alles für ihr Leben mit auf den Weg bekommen, was den Bezug des
Menschen
zur Natur prägt. Lisann und ihre Geschwister haben diesen Lebensraum
intensiv genutzt, um alles Wichtige
für's Leben zu lernen. 


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IHRE LIEBE ZU DEN PFERDEN

Lisann war ein liebevolles, fröhliches und unvoreingenommenes Kind. Mit diesen
Eigenschaften ging sie auf alle Menschen und Tiere mit großer Liebe und ohne
Vorbehalte zu. Sie hätte unserer Welt noch so viel Freude und Liebe geschenkt.

Lisann mochte die Natur sehr. Ihr Leben war geprägt von Ehrfurcht und Liebe
zu allen
Lebenwesen dieser Erde

     Liebe zur Natur ist die einzige Liebe, die menschliche Hoffnungen nicht enttäuscht.
        Honoré de Balzac

Lisann liebte vor allem Pferde; sie waren ihr Ein und Alles.
Sie sagte immer, dass ihr nicht nur das Reiten Freude bereite, sondern vor allem 
die Pflege der ihr anvertrauten Pferde, und zwar so, dass es ihnen immer gut gehe.
Sie wollte für die Tiere nur das Beste, so wie es
 Albert Schweitzer formuliert:

     Ich will leben inmitten von Leben,
 das leben will inmitten von Leben.

An einem Stand mit dem Angebot von Reittherapien bei den Hengstparaden 2011
stand dieser Spruch, der Lisanns Verhältnis zu  Pferden so treffend beschreibt:

      Einer, der mich versteht. Einer, der mit mir geht. Einer, der mir widersteht.
      Einer, der mich wiegt. Einer, der sich an mich schmiegt. Einer, der nach mir schaut.
      Eben einer, der mir vertraut.

Ein arabisches Sprichwort bringt das auf den Punkt, was Lisann empfunden hat:

     Der Himmel ist das, was zwischen den Ohren eines Pferdes hinduchbläst.

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Lisann brachte ihre Liebe zu Pferden vielfältig zum Ausdruck, insbesondere in Bildern,
aber auch in Gedichten wie dieses:


     Mein Engel
     Du bist mein liebstes Tier, hast Kraft für drei oder vier.
     Fremden gegenüber bist du scheu,
aber deine Augen blicken so treu.
     Dein Trab ist ein Schweben,
dein Galopp eher ein Beben.
     Obwohl ein kleiner Schlingel,
bleibst du immer mein Engel.

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Lisann hat für ihr Alter sehr schöne Gedichte geschrieben mit vielen tiefgehenden
Gedanken. Sie war sehr kreativ, so wie ihre Schwester Sumeena und ihr Bruder
Sebastian auch. Lisann hatte einen starken Bezug zur Realität, sie war "geerdert". 
 
Eines ihrer Gedichte hat Sie mit "Natur" überschrieben und damit während ihrer
Krankheit an einem Gedichte-Wettbewerb des Dietrich-Bonhöffer-Gymnasiums
in Metzingen mit Erfolg teilgenommen.

                    Oh wie schön ist die Natur,
                    der ganze Wald, die ganze Flur.
                    Und wenn man dann nach draußen tritt,
                    spürt man schon beim ersten Schritt
                    wie die Natur einem im Herzen tut gut,
                    Wie sie gibt Kraft, wie sie gibt Mut.

                    Und atmet man die frische Luft ein
                    So müsste man etwas zufrieden sein.
                    Denn wie die Luft in der Lunge steigt,
                    wird man von vielen Lasten befreit.
                    War das Leben vorher noch traurig und schwer,
                    so hat man jetzt eine Erleichterung mehr!

                    Doch ist die Natur noch so schön, noch so weit,
                    man hat schließlich nicht den ganzen Tag Zeit.
                    Auch wenn er sehr schwer fällt der Abschied von ihr,
                    so reizt einen doch die ständige Gier,
                    wieder zu kommen, wenn’s einem schlecht geht,
                    wenn einem das Wasser bis obenhin steht.

                    Ich starte mit Freude in den geretteten Tag,
                    und warte was er alles bringen mag.
                    Und abends denkt man, wie wäre es leer,
                    wenn die Natur nicht gemacht worden wär!


LISANNS KRANKHEITSGESCHICHTE

Am 25.07.2005 wurde bei Lisann nach einem MRT ein "diffus intrinsisches Ponsgliom" 
diagnostiziert. Es ist eine sehr seltene Art von Hirntumor, der für den Erkrankten
immer den Tod bedeutet. Die Krebszellen (Gliome) durchdringen die gesunden 
"Gliazellen", in denen Nervenbahnen aus dem Rückemark gestützt werden. Da dies
verstreut 
("diffus") geschieht und der Tumor am "Pons", der Brücke zwischen
Rückenmarks
nervenbahnen und dem Stammhirn angesiedelt ist, kann er nur durch
eine hochdosierte Bestrahlung und
 Chemotherapien behandelt werden. Als er bei
Lisann entdeckt wurde, war er bereits 6 x 4 cm groß. 

Am Tag der Diagnose, dem 25.07.2007, dem letzten Schultag vor den Sommerferien, 
am späten Abend bekamen wir die Nachricht, 
dass wir vor zwei Jahren nach Hause
geschickt worden wären. Lisann hätte dann noch 
ca. 3 - 6 Monate zu leben. Nun gäbe
es ein sogenanntes "HIT-Studienprotokoll" f
ür diese Tumorart, die intensive Chemo-
therapien und eine hochdosierte Bestrahlung beinhaltet. Dadurch würde sich 
die
Überlebenszeit auf ca. 1 Jahr verlängern. 

Was war das für eine Entscheidung, die wir Eltern für unser Kind treffen mussten,
aus dem Nichts, ohne Ansage, mitten im blühenden Leben, einfach nur so ...
Dass es keine Chance gibt, hat Lisann sofort gespürt, obwohl wir es nicht aussprechen 
konnten. Schon wenige Tage nach der Diagnose hat sie uns mitgeteilt, dass sie zu Hause 
sterben wolle. Es war unser Ziel, ihr diesen Wunsch zu erfüllen ... und wir haben es
gemeinsam mit 
den Ärzten und Betreuern von der Uniklinik Tübingen, dem Kinderarzt
und dem 
ambulanten Kinderpflegedienst geschafft. 

                Lisanns_letzte_Reise.pdf

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LISANNS TRÄUME

Lisann wollte Landwirtin werden und dann  einen Gnadenhof für Tiere einrichten.
Ihr war die Pflege der Pferde, von Tieren allgemein sehr wichtig; sie wollte, dass es
ihnen gut geht, sie wollte Verantwortung und Pflichten für Lebewesen übernehmen.
In ihrem Alter von nur 12 Jahren hatte sie schon eine hohe Reife und innere Klarheit. 
Mit dem "Tierparadies" in Reichenbach/Fils, dass von Marion Bauer und ihrem Mann
betrieben wird,
haben wir einen solchen Gnadenhof für Pferde gefunden. So können
wie ihre Ziele, Sehnsüchte und Träume durch Zuwendungen und Zuspruch in einem
bescheidenen Rahmen erfüllen.
In einer Todesanzeige fand ich am 28.01.2012 diesen Spruch, der mich zutiefst 
berührt 
hat und der auf Lisann komplett zutrifft:


     Wenn ich ritt, klang mein Herz in den Schritt und das Schnauben 
     meines Pferdes, eine Seligkeit hat mein Herz erfüllt. 
     Ich wusste: Fiele ich jetzt aus der Welt - ich fiele in den Himmel.

  

                         

Lisann liebte das Leben und ihre Familie - uns!
Im Verlauf ihrer Krankheit sagte sie
in
tiefer Verzweiflung: "Das Schlimmste ist, dass ich euch alleine zurücklassen muss."

Unser Leben in der Familie ist mit Lisann's Tod völlig verändert worden. Vieles ist
nicht mehr so, wie es mit ihr war; es ist anders ...

Unser Rucksack des Lebens ist gefüllt mit vielen schönen Erinnerungen und der
Sehnsucht, dass Lisann wieder zu uns zurückkommt. 
Die Erinnerungen an sie werden
schwächer und es kommen keine neuen nach. 
Wir vermissen das so sehr und stellen
uns vor, wie Lissi heute aussehen würde. 
Doch wir leben mit der Liebe zu ihr weiter.
                           
     Die Liebe bleibt – wenn alles geht, 
weil sie das Leben überlebt.  
     Denn sie ist älter als die Zeit, wenn alles geht – die Liebe bleibt.

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     Danke, liebe Lissi, für alles, was du uns gegeben und gelehrt hast. 

Der Sohn Conor von Eric Clapton ist im Alter von 4 Jahren aus dem Fenster eines
Hochhauses gestürzt.
Dieses tragische Ereignis hat der britische Musiker ein Jahr
später in seinem Lied "Tears in Heaven" verarbeitet.
Meine Frau Anita hat es abgeschrieben und in das Bild von Lisann eingefügt.


                     Tears_in_heaven_mit_Lissi.pdf 
  
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